'Das ist lächerlich'

22. Jänner 2013 in Interview


Katholische Krankenhäuser weisen Kritik der Politik zurück - Im Kölner Fall hatte bereits eine medizinische Erstversorgung stattgefunden, seitens der Staatsanwaltschaft wird nicht ermittelt. Von Christoph Arens (KNA)


Freiburg (kath.net/KNA) Berichte, nach denen zwei Kliniken in Köln ein Vergewaltigungsopfer abgewiesen haben, haben zu einer heftigen Debatte über katholische Krankenhäuser in Deutschland geführt. Im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Freiburg wies der Geschäftsführer des Katholischen Krankenhausverbandes Deutschland (KKVD), Thomas Vortkamp (Foto), am Dienstag Drohungen von Bundespolitikern zurück.

KNA: Herr Vortkamp, haben die Ereignisse in Köln dem Image katholischer Krankenhäuser bundesweit geschadet?

Vortkamp: Natürlich hat das Ereignis bundesweit Wellen geschlagen. Und viele der katholischen Kliniken wurden angefragt, ob so etwas auch bei ihnen passieren könnte.

KNA: Wie haben Sie reagiert?

Vortkamp: Wir und unsere Mitgliedseinrichtungen haben klargestellt, dass an allen katholischen Krankenhäusern die Erstversorgung und die Spurensicherung bei Vergewaltigungsopfern sichergestellt sind. Niemand wird abgewiesen.

KNA: In Köln wurde aber doch eine junge Frau abgewiesen?

Vortkamp: Soweit uns bekannt ist, hatte im Kölner Fall eine medizinische Erstversorgung bereits stattgefunden. Und die Staatsanwaltschaft sieht derzeit keinen Anfangsverdacht - weder für eine unterlassene Hilfeleistung noch für eine Strafvereitelung durch Unterlassen, da sich das Opfer zum Zeitpunkt der Abweisung bereits in ärztlicher Behandlung befunden habe. Nichtsdestotrotz wäre die Untersuchung zum Zwecke der Spurensicherung durchzuführen gewesen. Der Klinikträger hat sich bei dem Opfer entschuldigt, dass dies unterblieben ist.

KNA: Aber offenbar gibt es ja bei Ärzten in katholischen Krankenhäusern Verunsicherung, was gemacht werden darf und was nicht.

Vortkamp: Der Fall zeigt, dass die Klinikleitungen bei ihren Mitarbeitern und hier insbesondere bei den Jüngeren immer wieder ein Bewusstsein dafür schaffen müssen, was in den Einrichtungen zu leisten ist und was aus ethischen Gründen nicht gemacht wird. Abtreibungen zum Beispiel sind in katholischen Kliniken ausgeschlossen.

KNA: Aber die Kirche ist auch gegen die Pille danach, gegen die Pille und gegen andere Verhütungsmittel. Wie gehen Sie damit um?

Vortkamp: Viele der katholischen Häuser machen ihr Vorgehen von den konkreten Umständen abhängig und entscheiden im Einzelfall. Wir stehen da in einem enormen Spannungsfeld. Und eigentlich richten sich diese Fragen an die verfasste Kirche: Welche Sexualethik verfolgt die Kirche in der modernen Gesellschaft, wie lässt sich das Nein zu Pille und Verhütung noch vermitteln und ist die Pille danach wirklich als Abtreibungspille zu bewerten?

KNA: Heißt das, dass Sie als Krankenhausverband mit den Bischöfen ins Gespräch kommen müssen?

Vortkamp: Wir müssen erst einmal in unseren Gremien und mit unseren Mitgliedseinrichtungen analysieren, was da in Köln konkret passiert ist und wie wir uns den vorgenannten Themen stellen. Anschließend wären Gespräche mit den Bischöfen zu suchen, wie die Kirche sich bei diesen Themen zukünftig positionieren will. Kann man sich völlig abschotten, kann man alles mitmachen? Das sind schwierige ethische Fragen, die aber die einzelnen Krankenhäuser nicht allein lösen können.

KNA: Da mischt auch die Politik kräftig mit. Es gab schon einzelne Drohungen von Abgeordneten der CDU, SPD und Grünen, dass katholische Krankenhäuser «vom Netz genommen werden» sollten.

Vortkamp: Solche Drohungen entbehren jeglicher Grundlage. Es ist lächerlich, dass jetzt manche Gesundheitspolitiker meinen, katholische Kliniken in Gänze in Frage stellen zu müssen. Kirchliche Krankenhäuser haben das verfassungsrechtlich geschützte Recht, bestimmte medizinische Leistungen wie Abtreibungen nicht anbieten zu müssen.

KNA: Gilt das auch für Regionen, in denen katholische Krankenhäuser eine Monopolstellung haben?

Vortkamp: Die Länder haben die Pflicht, die Versorgung sicherzustellen. Das kann dann konkrete Konsequenzen für katholische Krankenhäuser haben. In Potsdam ist beispielsweise vor Jahren die Übernahme einer kommunalen Klinik durch eine katholische Einrichtung gescheitert, weil sich das Land Brandenburg mit Blick auf Abtreibungen verpflichtet sah, den Versorgungsauftrag sicherstellen und deshalb die Klinik in kommunaler Trägerschaft zu bleiben hatte.

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Foto Thomas Vortkamp: www.kkvd.de


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