Lackner: Religionen haben Verantwortung für Gewalt in ihrem Namen

28. Dezember 2016 in Österreich


Salzburger Erzbischof in "Krone"-Interview: Glaube immer in Gefahr, instrumentalisiert zu werden, "das ist auch uns als Christen schon passiert" - "Von Angst nicht in Geiselhaft nehmen lassen".


Salzburg (kath.net/ KAP)
Nach dem mutmaßlich islamistisch motivierten Terroranschlag von Berlin hat der Salzburger Erzbischof Franz Lackner den Religionsgemeinschaften Verantwortung für in ihrem Namen ausgeübte Gewalt zugesprochen. "Ich glaube, es steht allen religiösen Institutionen gut an, dass sie da, wo der Glaube missbraucht wird, auch bereit sind, in bestimmter Weise Verantwortung zu übernehmen", erklärte Lackner am Freitag in einem Interview mit der "Kronen Zeitung". Keine Religion sei per se terroristisch, das gelte auch für den Islam, "aber, um wieder mit Elie Wiesel zu sprechen: Man trägt auch Mitschuld für das, was in meinem Namen geschieht".

Ob die Bluttat von Berlin das interreligiöse Zusammenleben in Österreich beeinflussen könne, sei eine Frage, die man "auch unseren muslimischen Brüdern und Schwestern stellen" müsse. Der Terror trete heute vielfach im islamischen Namen auf, insofern könne Kardinal Christoph Schönborn zugestimmt werden, das der Terror "momentan ein islamisches Gesicht" habe, so Lackner. Mit diesem Thema sollten sich nach dem Dafürhalten des Salzburger Erzbischofs die offiziellen Vertreter des Islam befassen, "denn da ist vieles höchst interpretationsbedürfig und sollte geklärt werden".

Der Glaube laufe immer Gefahr, instrumentalisiert zu werden, fügte Lackner hinzu, "das ist auch uns als Christen schon passiert". Wenn der Glaube von Einzelnen missbraucht werde, "dann müssen die offiziellen Vertreter klar sprechen, wie das zu verstehen ist".

Durch Metalldetektoren in die Kirche?

Auf die Frage, ob Kirchen bzw. traditionell christliche Veranstaltungen in Zukunft besser geschützt werden müssen, antwortete der Erzbischof: "Die Vorstellung, dass gläubige Menschen durch Metalldetektoren die Kirche betreten, erschreckt mich schon ein wenig." Andererseits stelle sich für ihn erst recht seit dem Mord an dem französischen Priester Jacques Hamel während eines Gottesdienstes die Frage, ob kirchliche Räume des Feierns nicht besser geschützt werden müssten, meinte Lackner: "Keine Festung, das wäre übertrieben, aber die Sorge soll uns schon begleiten in diesen Tagen."

Zum Thema Rachegefühle gegenüber Attentätern äußerte sich der Salzburger Erzbischof zurückhaltend: Er verstehe, dass sich direkt Betroffene ohnmächtig gegenüber dem Geschehenen fühlen und manchmal voll Wut sind. "Deshalb muss man sie gut begleiten, damit das nicht eine Massenbewegung wird." In Anlehnung an einen Ausspruch von Albert Einstein - "Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind" - betonte Lackner: "Kein Fehler lässt sich durch einen anderen Fehler ausmerzen."

Auch Angst sei angesichts von Ereignissen wie in Berlin "berechtigt, die dürfen wir nicht wegdiskutieren oder wegwischen". Aber es gelte sich "von der Angst auch nicht in Geiselhaft nehmen zu lassen". Nach den Worten des Erzbischofs ist das Leben "immer ein Wagnis, aber der Glaube sagt uns: Letztlich wird es gut ausgehen".

"Sehnsucht nach Frieden war nie größer"

Weihnachten sei trotz der Terrorgefahr als Fest des Friedens, "die Sehnsucht nach diesem Frieden war nie größer". Er müsse in diesen Tagen oft an einen kleinen Buben denken, der aus den Trümmern von Aleppo herausgetragen wurde, ohne zu weinen oder zu schreien und "nur mit großen Augen schaut". Diesem Buben und all den Menschen im Krieg wünsche er von Herzen Frieden, sagte Lackner. "Ich bitte Gott, dass das sinnlose Morden und Töten aufhören möge, aber auch um Frieden in den Herzen, hier bei uns."

Friede beginne in den Herzen der Einzelnen, betonte Lackner, jeder könne in seiner Umgebung eine Atmosphäre der Zufriedenheit und des Friedens schaffen. Friede brauche aber auch Gerechtigkeit - und, "das sage ich als Bischof, unser Gebet". Nicht umsonst habe Jesus gesagt: "Ich gebe euch einen Frieden, den die Welt nicht geben kann."

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