16. März 2018 in Aktuelles
Biografien der konvertierten Flüchtlinge "Glaubens- und Heilsgeschichten", ihr Zugang erlaubt neuen Blick auf "Selbstverständliches" in der Religion - Aufruf zur Gastfreundschaft
Linz (kath.net/KAP) Die Menschen aus den Ländern im Nahen und Mittleren Osten, die in der Osternacht und in den Wochen darauf in heimischen Pfarren getauft werden, sind ein "großes Geschenk für die Kirche in Österreich": Das hat die Verantwortliche für das Katechumenat in der Diözese Linz, Angelika Danner, am Donnerstag im Interview mit "Kathpress" dargelegt. Pfarren könnten durch den Kontakt mit ihren neugetauften Mitgliedern aus anderen Kulturen sehr profitieren und eine Belebung im Glauben erfahren. Dazu seien allerdings Offenheit und Entgegenkommen nötig, so die Pastoralassistentin und Menschenrechtsaktivistin.
Mehr als die Hälfte der in österreichweit rund 600 erwachsenen Katechumenen (Taufbewerber) in diesem Jahr stammt aus Ländern des Nahen und Mittleren Ostens. Manche haben das Christentum schon in ihren Heimatländern kennen gelernt, was für sie oft schwierig und mit großer Gefahr verbunden ist. Andere kamen erst in Österreich mit dem Christentum in Kontakt, oder auf der Flucht: "Ein Taufbewerber nahm als Taufname den Namen der Person an, die ihm in Griechenland geholfen hatte", berichtete Danner.
Die einzelnen Lebens- und Leidensgeschichten seien "Glaubens- und Heilsgeschichten", strich die Katechumenatsverantwortliche die Bedeutung dieser Biografien hervor. Die Taufbewerber seien dadurch für österreichische Christen eine große Bereicherung - wie auch durch die "Wertschätzung und Dankbarkeit", welche sie dem christlichen Glauben entgegenbrächten - "dem, was uns in unserem Europa oft selbstverständlich geworden ist". Darunter laut Danner besonders die gleiche Würde von Mann und Frau, der "Geschmack von Freiheit und Frieden", die Einladung des barmherzigen Gottes zu Umkehr und Vergebung und auch der Tod Jesu für die Rettung der Menschheit.
Wichtige Anstöße gäben die Katechumenen aus dem Nahen und Mittleren Osten auch deshalb, weil sie unmittelbar mit Christenverfolgung in Berührung gekommen seien. "Viele haben ihre Glaubensentscheidung gegen die Herkunftsfamilie getroffen, was schmerzvoll sein kann. Die Beschäftigung damit erlaubt einen neuen Blick auf die eigene Taufe und auf die Kirche", berichtete Danner.
Entgegenkommen wichtig
An die österreichischen Pfarren appellierte die Katechumenatsverantwortliche, ihre neuen Mitglieder "als Menschen" wahrzunehmen, ihnen mit Respekt zu begegnen und ihnen einen Platz in der kirchlichen Gemeinschaft zu geben. "Es braucht gar nicht viel, um die in den Herkunftsländern dieser Menschen so wichtige Gastfreundschaft zu praktizieren: Etwa ein Lächeln, ein kurzes 'Wie geht's?', eine Einladung ins Pfarrkaffee machen schon einen großen Unterschied." Aufgrund des Asylwerber- oder Flüchtlingsstatus hätten auch kleine Hilfen oft große Wirkung, wobei es nicht vorrangig um finanzielle Unterstützung gehe.
Danner leitet Taufkurse, an denen erwachsene Männer, Frauen und Paare teilnehmen, auf Deutsch mit Übersetzung in die jeweilige Landessprache. Der Unterricht dreht sich um die wesentlichen Inhalte des christlichen Glaubens wie die Person Jesu Christi, die Bibel, Grundgebete, das Glaubensbekenntnis, Sakramente, das Kirchenjahr und die zehn Gebote. Neben der Verkündigung sind laut der Katechetin dabei jedoch auch alle anderen "Säulen bzw. Grundaufträge von Kirche" zu finden: Seelsorge und caritative Hilfestellungen, liturgische Feiern sowie schließlich die Gemeinschaft, kämen die Taufbewerber doch aus ganz Oberösterreich und dem westlichen Niederösterreich.
Keine Garantie für Asyl
Aktuell ist laut Danner bei vielen Kursteilnehmern das Asylverfahren ein großes Thema, würden doch derzeit sukzessive alle 2015 und 2016 nach Österreich gekommenen Flüchtlinge zum Asylinterview in erster Instanz geladen. Die Bescheide innerhalb der Linzer Taufgruppen fielen dabei teils positiv, teils negativ aus. Die Taufvorbereitung wolle in erster Linie eine Lebensentscheidung für eine lebendige Christusbeziehung ermöglichen, die auch Glaubenswissen einschließt.
Dass viele Taufbewerber den Konversionswunsch ernst nähmen, zeigt sich für Danner in der intensiven Teilnahme am Taufunterricht über mindestens zwölf Monate, in vielen Einzelgesprächen, in der beständigen Teilnahme an den Sonntagsgottesdiensten und auch darin, dass manche auch nach der Taufe den Glaubensunterricht weiter besuchen. "Pauschalurteile, wonach die Taufe als bloßer Vorwand genutzt wird, um Asyl zu bekommen, kann ich nicht nachvollziehen", so die Katechumenatsverantwortliche. Nicht zuletzt würden die Teilnehmer darauf aufmerksam gemacht, dass die Taufe keine Garantie für einen positiven Asylbescheid darstelle.
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