Nigeria: Entführter 75-jähriger Priester ist wieder frei

8. Juni 2021 in Weltkirche


Bischöfe prangern kriegsähnliche Zustände und Untätigkeit des Staates an


Wien-München (kath.net/KIN)

Der entführte Priester Joseph Keke (75) aus Malunfashi im nordnigerianischen Bundesstaat Katsina ist wieder frei. Das teilte die Diözese Sokoto am gestrigen Fronleichnamstag in einer kurzen Erklärung in den sozialen Medien mit, die dem weltweiten katholischen Hilfswerk „Kirche in Not“ (ACN) vorliegt. Keke werde medizinisch versorgt, so der Sprecher der Diözese. Auf gleichzeitig veröffentlichten Bilder wirkt der Priester stark geschwächt.

 

Joseph Keke war am 21. Mai bei einem nächtlichen Überfall in der Pfarrei St. Vinzenz Ferrer in Malfunashi zusammen mit seinem Amtsnachfolger als Pfarrer, Alphonsus Bello Yashim, verschleppt worden. Der 33-jährige Bello wurde am Tag darauf tot aufgefunden. Der zuständige Bischof Matthew Hassan Kukah hatte erklärt, er verhandle mit den Entführern von Keke. Sie stellen hohe Lösegeldforderungen. Ob vor der nun erfolgten Freilassung tatsächlich Lösegeld gezahlt wurde, teilte die Diözese Sokoto nicht mit.

 

„Unser Land befindet sich im Krieg“

 

Im Zuge der Beisetzungsfeierlichkeiten für den getöteten Alphonsus Bello Yashim Anfang Juni haben ranghohe Kirchenvertreter die aktuellen Umstände im Norden Nigerias angeprangert. In seiner Beerdigungspredigt, die „Kirche in Not“ vorliegt, sagte Erzbischof Matthew Man-Oso Ndagoso aus Kaduna: „Unser Land befindet sich im Krieg mit religiösen Fanatikern, Banditen, Entführern, Terroristen, bewaffneten Hirten und Opportunisten, die im wahrsten Sinne des Wortes Kriminelle sind. Sie töten und verstümmeln unschuldige Nigerianer unabhängig von Religion, ethnischer Zugehörigkeit oder politischer Ausrichtung.” Der getötete Priester hatte dem Erzbistum Kaduna angehört, aber im Bistum Sokoto gearbeitet.

 

Noch deutlicher wurde der dortige Bischof Matthew Hassan Kukah in seiner Predigt beim Totengebet für Pfarrer Bello. Nirgendwo auf der Welt würden unschuldige Menschen „in aller Öffentlichkeit ohne jegliche Konsquenzen ermordet”. Die Haltung des Staates beschrieb Kukah so: „Bürger, ihr seid auf euch allein gestellt. Für eure Sicherheit zu sorgen, ist nicht unsere Priorität. Ausländische Banditen oder andere Kriminelle können nach Belieben kommen, euch töten, euch ausplündern, vergewaltigen, entführen und ermorden.“

 

Politische Radikalisierung zieht steigenden Extremismus nach sich

 

Der Bischof warf die Frage auf, wie Nigeria in diese tragische Situation gekommen sei. In Anspielung auf eine zunehmende politische Radikalisierung, die Nigeria dem Geltungsbereich der Scharia unterwerfen wollen, sagte Kukah: „Es ist eindeutig, warum sie unser Volk töten und woher ihre Inspiration kommt. Wir hören und erleben Geschichten von Komplizenschaft auf höchster Ebene.“ Eine unheilvolle Entwicklung habe ihren Anfang genommen, als „einige unserer Politiker beschlossen, die Demokratie zu nutzen, um die Theokratie zu installieren“.

 

Die Entführung von Pfarrer Joseph Keke und die Tötung von Alphonsus Bello Yashim waren die jüngsten in einer ganzen Reihe von Übergriffen, der die gesamte Bevölkerung im Norden Nigerias ausgesetzt ist. Immer wieder kommt es dabei auch zu Gewalt gegen die christliche Minderheit in der Region. Während der seit Jahren anhaltende Terror der Islamistenmiliz Boko Haram immer wieder aufflammt, nehmen auch Entführungen durch kriminelle Banden und Auseinandersetzungen mit extremistischen Fulani-Hirten weiter zu.

 

Foto: Der getötete 33-jährige Pfarrer Alphonsus Bello Yashim und der entführte Priester Joseph Keke aus Malunfashi/Nigeria. © Kirche in Not


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