2. Juni 2022 in Weltkirche
Man muss bei Papst Franziskus immer auch auf das achten, was er nicht tut und sagt, schreibt Raymond de Souza in einem Kommentar zur Ankündigung der Kardinalserhebungen.
Vatikan (kath.net/jg)
Drei Besonderheiten gibt es bei der jüngsten Ankündigung der neuen Kardinäle: Kein Kardinal für Kiew, ein Kardinal aus Südkalifornien, eine Kardinalsernennung als Trostpreis.
Um das Pontifikat von Papst Franziskus zu verstehen, müsse man auf das was nicht gesagt und getan werde genau so achten wie auf das was gesagt und getan werde. Die Ankündigung eines Konsistoriums im August um 21 neue Kardinäle zu kreieren sei so ein Fall, schreibt Raymond de Souza in einem Kommentar für den National Catholic Register. (Siehe Link am Ende des Artikels)
- Kein Kardinal für Kiew
Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk wird zum achten Mal bei der Kardinalsernennung übergangen. Angesichts des Krieges in der Ukraine wäre die Erhebung von Schewtschuk ein Zeichen der Solidarität mit der Ukraine.
Warum Schewtschuk erneut übergangen wurde, bleibe ein Rätsel, schreibt de Souza. Er ist das Oberhaupt der Ukrainisch-Katholischen Kirche, der größten östlichen katholischen Kirche. Seine Vorgänger sind von Papst Paul VI. beziehungsweise Papst Johannes Paul II. in den Kardinalsrang erhoben worden. Bis jetzt wurde angenommen, Franziskus vermeide eine Erhebung Schewtschuks aus Rücksicht auf die Russisch-Orthodoxe Kirche. Angesichts der Unterstützung des russischen Angriffs auf die Ukraine durch den Russisch-Orthodoxen Patriarchen Kyrill sei diese Rücksichtnahme aber zunehmend unverständlich, schreibt de Souza.
- Ein Kardinal aus Südkalifornien
Seit Kardinal Roger Mahony, der emeritierte Erzbischof von Los Angeles, im Jahr 2016 den 80. Geburtstag gefeiert hat, hat Südkalifornien keinen wahlberechtigten Kardinal. Das Gebiet ist Heimat der größten katholischen Bevölkerung lateinamerikanischer Herkunft.
Jose Gomez, der amtierende Erzbischof von Los Angeles und Vorsitzende der US-Bischofskonferenz würde die von Papst Franziskus propagierte Integration von Einwanderern geradezu verkörpern. Gomez ist aus Mexiko in die USA gekommen und einer der energischsten Anwälte für Migranten.
Papst Franziskus überging Gomez allerdings. Der neue Kardinal in Südkalifornien wird Robert McElroy, Bischof von San Diego, der als einer der progressivsten Bischöfe der USA gilt. Dass Erzbischof Gomez, Oberhaupt der größten Diözese der USA, zugunsten eines Suffraganbischofs übergangen wurde, sei eine klare Botschaft aus dem Vatikan, kommentiert de Souza. Die Tatsache, dass McElroy öffentlich mit Erzbischof Gomez wegen abtreibungsfreundlicher katholischer Politiker aneinandergeraten ist, sei für seine Auswahl nicht irrelevant, ergänzt er.
New Ways Ministry, die LGBT-freundliche Pastoral betreibt, begrüßte die Ankündigung der Kardinalsernennung von Bischof McElroy, berichtet die konservative Plattform Breitbart. Dieser Schritt werde dazu beitragen, den katholischen Episkopat in den USA zu verändern, der überwiegend „anti-LGBTQ“ sei. McElroy sei jemand, der LGBTQ-Personen „die Hand und nicht die Faust ausstreckt“, kommentierte Francis DeBernardo, Direktor von New Ways Ministry in einer Stellungnahme. Mit der Ernennung des 68jährigen Bischofs stelle Papst Franziskus sicher, dass das der Kontakt zu LGBTQ-Personen nach dem Ende seines Pontifikates erhalten bleibe. Als wahlberechtigter Kardinal könne McElroy zukünftige Pontifikate mitbestimmen, schrieb DeBernardo. Anschließend zählte er eine Reihe von Beispielen auf, welche die LGBTQ-freundliche Haltung McElroys illustrieren.
Bei einer diözesanen Synode zur Familie seien LGBTQ-Themen diskutiert worden und pro-LGBTQ-Maßnahmen vorgeschlagen worden. McElroy habe den umstrittenen Jesuitenpater James Martin stets verteidigt und die „rechtskatholische Bewegung“ verurteilt, die ständig Menschen auf üble Art verleumde, schrieb DeBernardo.
- Kardinalsernennung als Trostpreis
Bischof Peter Ebere Okpaleke von der neu geschaffenen Diözese Ekwulobia in Nigeria wird im August zum Kardinal erhoben. Benedikt XVI. hatte ihn 2012 zum Bischof von Ahiara ernannt. Viele Priester und Gläubige protestierten dagegen, weil Okpaleke nicht zu ihrer ethnischen Gruppe gehört. Als bis 2017 keine Lösung gefunden wurde verlangte Papst Franziskus von den Priestern, innerhalb von 30 Tagen ihre Opposition zurückzuziehen und dem Heiligen Vater ihren Gehorsam schriftlich zu bestätigen. Der Versuch, die päpstliche Autorität durchzusetzen misslang. 2018 trat Okpaleke als Bischof von Ahiara zurück. Der Vatikan akzeptierte. 2020 wurde eine neue Diözese in Nigeria geschaffen und Okpaleke zu ihrem ersten Bischof ernannt. Die Kardinalsernennung ist für de Souza ein Trost dafür, dass sich die päpstliche Autorität nicht durchsetzen ließ.
Link zum Artikel von Raymond de Souza (englisch): Pope Francis Names New Cardinals: What’s Unsaid Speaks Volumes
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