24. Juni 2023 in Weltkirche
Ein vor der zivilen Meldebehörde erklärter Kirchenaustritt um die Kirchensteuer zu vermeiden ist nicht als Verlassen der Kirche zu werten, wenn ansonsten die Bereitschaft vorhanden ist, im katholischen Glauben und in der Kirche zu bleiben.
Bozen (kath.net/jg)
In der Diözese Bozen-Brixen wird das Verlassen der Kirche nur dann im Taufbuch vermerkt, wenn der betreffende Person sich tatsächlich von den wesentlichen Elementen des katholischen Glaubens abgewandt hat. Ein „Kirchenaustritt“ vor einem staatlichen Meldeamt, der nur deshalb erfolgt, um die Kirchensteuer beziehungsweise den Kirchenbeitrag zu sparen, gilt nicht als Verlassen der Kirche. Dies gab die Diözese in einer ausführlichen Antwort auf eine Anfrage von kath.net bekannt, aus der im Folgenden zitiert wird. Die Frage des „Kirchenaustritts“ ist für die Diözese Bozen-Brixen vor allem im Zusammenhang mit Katholiken des Bistums relevant, die in Deutschland oder Österreich arbeiten und deshalb Kirchensteuer oder Kirchenbeitrag zahlen müssen.
In Italien wird die Religionszugehörigkeit von Seiten des Staates seit der Revision des Konkordates 1984 nicht mehr erhoben. Dies geschieht in Deutschland und Österreich, weil die Kirchensteuer (Deutschland) beziehungsweise der Kirchenbeitrag (Österreich) gesetzlich verankert sind. In diesen Ländern ist eine Erklärung des „Austritts aus der Kirche“ vor dem staatlichen Meldeamt möglich.
Die Deutsche und die Österreichische Bischofskonferenz werten einen Austritt aus der Kirche als „Abfall von der Kirche“ im Sinne des can. 171 §1, Nr. 4., auch wenn dies nur aus wirtschaftlichen Gründen zur Vermeidung der Kirchensteuer beziehungsweise des Kirchenbeitrages geschieht und damit kein „Abfall vom Glauben“ und kein „Verlassen des Glaubens“ verbunden ist.
Mit der Revision des Kirchenrechts 1984 wurde im Zusammenhang mit dem Eherecht der Begriff des „formalen Abfalls von der Katholischen Kirche“ (lat. „Actus formalis defectionis ab Ecclesia Catholica“) eingeführt. Der Päpstliche Rat für die Gesetzestexte veröffentlichte zur Klärung von Unsicherheiten ein Schreiben mit dem Titel „Actus formalis defectionis ab Ecclesia Catholica“.
Damit wirklich ein Abfall von der katholischen Kirche vorliegt, müssen diesem Schreiben zufolge drei Elemente gegeben sein. Die betreffende Person muss
a) eine innere Entscheidung getroffen haben, die katholische Kirche zu verlassen, weil sie grundlegende Elemente des Glaubens oder der Kirche ablehnt (can. 205 CIC);
b) die Entscheidung nach außen kundgetan haben (mündlich oder schriftlich).
c) Diese Entscheidung muss von einer kirchlichen Autorität zur Kenntnis genommen werden.
Daraus ergibt sich, dass die Erklärung vor dem staatlichen Meldeamt allein keinen formalen Akt zum Verlassen der kirchlichen Gemeinschaft darstellt, auch wenn er von der zivilen Behörde, vor welcher der Austritt erklärt wurde, der kirchlichen Autorität zugestellt wird. Erst wenn bewiesen werden kann, dass damit auch der Wille und die Absicht verbunden waren, sich vom katholischen Glauben beziehungsweise von der Katholischen Kirche ganz zu trennen, ist ein formaler Akt des Verlassens der Kirche gegeben.
Wird die Entscheidung die Katholische Kirche zu verlassen nur zu dem Zweck getroffen, von der finanziellen Verpflichtung in Form der Kirchensteuer oder des Kirchenbeitrages entbunden zu sein, bleibt dabei aber der Wille bestehen, weiterhin der Katholischen Kirche anzugehören, dann ist eine solche Erklärung nicht als formaler Akt des Verlassens der Kirche zu werten, schreibt das Ordinariat des Bistums Bozen-Brixen.
Ob ein „Austritt“ kirchenrechtlich relevant wird, ergibt sich für die Diözese Bozen-Brixen im Zuge der folgenden Schritte:
1) Erklärung vor einem zivilen Meldeamt, die Kirche verlassen zu wollen. Das wird im Melderegister vermerkt und dem örtlichen bischöflichen Ordinariat mitgeteilt.
2) Wurde die Person in einem anderen Bistum getauft, wird die Mitteilung an das Taufbistum oder die Pfarrei des angegebenen Geburtsortes weitergeleitet, die sie an das Ordinariat weiterleitet.
3) Das bischöfliche Ordinariat bittet die betroffene Person in einem Brief, die Beweggründe für diesen Schritt in einem Gespräch oder schriftlich mitzuteilen, um zu klären, ob die Entscheidung persönlich, bewusst und frei getroffen worden ist.
4) Reagiert die betroffene Person nicht, ist das bischöfliche Ordinariat im Unklaren über die innere Entscheidung. Damit fehlt ein wesentliches Element für den Austritt. Die Anmerkung im Taufbuch unterbleibt daher.
5) Gibt es eine Rückmeldung, in welcher der Betroffene seine Beweggründe offenlegt und handelt es sich um eine Entscheidung, sich wirklich von den wesentlichen Elementen der Katholischen Kirche abzuwenden, so dass der Tatbestand der Apostasie, Häresie oder des Schismas gegeben ist, wird im Taufbuch die Anmerkung „defectio a fide/ab Ecclesia Catholica“ eingetragen.
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