Wo Maria Mauern überwinden half

17. Oktober 2024 in Spirituelles


Fast 3000 Teilnehmer bei „Deutschland dankt Maria“ in Berlin. Gastbeitrag von Verena Fabekovec


Berlin (kath.net) Als er im Jubiläumsjahr 2017 den portugiesischen Wallfahrtsort Fatima besuchte, hatte der Düsseldorfer Historiker Michael Hesemann eine Vision. Er wusste, dass es die Gottesmutter war, durch deren Botschaft der Kommunismus besiegt und die Mauern, die 40 Jahre lang Europa teilten, überwunden werden konnten. „Der Heilige Vater wird mir Russland weihen, das sich bekehren wird, und der Welt wird eine Zeit des Friedens geschenkt werden“, hatte sie am 13. Juli 1917, im Jahr der Oktoberrevolution, drei Hirtenkindern in Fatima verkündet. Nach dem überstandenen Attentat am Fatima-Tag, dem 13. Mai 1981, beschloss Johannes Paul II., der Papst aus dem kommunistischen Polen, auf ihren Ruf zu hören. Am 25. März 1984, vor genau 40 Jahren, weihte er Russland und die Welt dem Unbefleckten Herzen Mariens und das Wunder geschah. Innerhalb eines Jahres wurde der damals akut drohende Dritte Weltkrieg abgewendet und mit Michail Gorbatschow ein russischer Staatschef gewählt, der auf Frieden und Reformen setzte. Fünf Jahre später fielen die Mauern, sieben Jahre später war die Sowjetunion Geschichte, bekehrte sich die atheistische Weltmacht zum orthodoxen Christentum. Deutschland verdankt diesem Prozess seine Wiedervereinigung. Doch nicht einmal zum Fatima-Jubiläum gab es eine Dankwallfahrt der deutschen Katholiken. Nur ein Fragment der Berliner Mauer, das portugiesische Gastarbeiter vor 30 Jahren dem Heiligtum gespendet hatten, erinnerte an das größte Wunder unserer Zeit, die friedliche Befreiung eines halben Kontinentes.

„Wenn die Deutschen nicht nach Fatima kommen, muss Fatima nach Deutschland kommen“, dachte sich Hesemann. Und hatte die Vision einer Fatima-Lichterprozession durch das Brandenburger Tor, den Schicksalsort der Deutschen. Vier Jahre lang warb er auf seinen Vorträgen für diese Vision. Dann, in Krefeld, fand er Mitstreiter: Die lokale Fatima-Gebetsgruppe unter Leitung von Bruno Lück war bereit, ihn bei der Umsetzung zu unterstützen. In Berlin war die ganz auf Neuevangelisierung ausgerichtete Gemeinde St. Clemens an der Stresemannstraße, nahe dem ehemaligen Mauerverlauf, sofort zur Zusammenarbeit bereit und die Initiative „Deutschland betet Rosenkranz“ bot an, zehntausende Rosenkranzbeter im ganzen Land einzuladen. Das „Fatima-Weltapostolat U.L.F. in Deutschland“ stellt schließlich die „Nationale Deutsche Fatima-Pilgermadonna“ zur Verfügung, die Papst Paul VI. 1967 dem deutschen Volk anvertraut hatte. Als auch noch der Vertreter des Papstes in Deutschland, der Apostolische Nuntius Erzbischof Dr. Nikola Eterovic, bereit war, in St. Clemens ein Pontifikalamt zu zelebrieren und eine Marienweihe zu beten, konnte nichts mehr das Projekt aufhalten. So fand am 12. Oktober 2022 die erste Lichterprozession unter dem Motto „Deutschland dankt Maria und betet für den Frieden“ statt, nur wenige Monate nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine, mit dem die 38jährige Friedenszeit in Europa jäh unterbrochen wurde. Mit 4000 Teilnehmern, die u.a. in 14 Bussen aus ganz Deutschland gekommen waren, wurde sie ein überwältigender Erfolg.

So beschlossen die Initiatoren, die Berliner Dank- und Bittprozession zu wiederholen. Dass sich die Teilnehmerzahl 2023 halbierte, damals 2000 Gläubige gezählt wurden, wurde bedauert, führte aber nicht zur Entmutigung. Immerhin stand 2024 der 40. Jahrestag der Weltweihe durch Johannes Paul II. an. Zudem feierte Heroldsbach, das „deutsche Fatima“, wo seit dem 9. Oktober 1949 drei Jahre lang neun Schulmädchen Erscheinungen der Gottesmutter hatten, seinen 75. Jahrestag. Auch dort hatte die „Rosenkönigin“, wie sie sich nannte, zu Gebet und Umkehr aufgerufen, um einen drohenden Dritten Weltkrieg und einen Einmarsch der Russen abzuwenden. 10.000 sahen dort am 8.12.1949 ein Sonnenwunder, ganz wie in Fatima.

Tatsächlich hatte sich das Durchhalten gelohnt, als die Veranstalter von „Deutschland dankt Maria“ und „Deutschland betet Rosenkranz“ am 12. Oktober 2024 tatsächlich an die 3000 Teilnehmer zählten, die den Rosenkranz betend und Marienlieder singend an diesem herbstkalten Abend durch die Berliner Innenstadt zogen. Der Gang zum Brandenburger Tor war drei Tage zuvor von der Berliner Polizei verboten worden; dort standen noch die Barrikaden, die man für den geplanten Besuch von US-Präsident Biden errichtet hatte und die angesichts des Selenskij-Besuches und der Gefahr antiisraelischer Ausschreitungen gleich stehengelassen wurden. So mussten die Veranstalter von „Deutschland dankt Maria“ den Prozessionsweg kurzerhand ändern. Er führte jetzt von St. Clemens zum Checkpoint Charlie, dem legendären Grenzübergang zwischen West- und Ostberlin, und von dort, an dem längsten noch stehenden Fragment der Berliner Mauer entlang, zum Berliner Abgeordnetenhaus.

Eröffnet wurde die Prozession erneut durch ein Pontifikalamt, das der Nuntius Erzbischof Eterovic zelebrierte, der mit den Anwesenden, vor der deutschen Fatima-Nationalmadonna kniend, die Marienweihe von Papst Franziskus aus dem Jahr 2022 betete. Er erinnerte daran, dass der Frieden derzeit so bedroht ist, wie er es lange nicht mehr war; ganze 56 Staaten sind gerade in Kriege verwickelt. Umso wichtiger sei die Hinwendung an die Gottesmutter, deren Fürsprache wir brauchen zur Bekehrung der Menschen, für den Frieden und die Gerechtigkeit in der ganzen Welt. Dann wurde die deutsche Fatima-Nationalmadonna von vier Trägern in blauen Mänteln durch die Straßen getragen, begleitet von zwei Dutzend Priestern und tausenden Gläubigen aus allen Teilen des Landes. Alle Teilnehmer, aber auch Berliner Passanten, lobten die freudige und friedliche Atmosphäre, die im Angesicht der Gottesmutter, durch das Gebet und die Marienlieder, die Straßen von Berlin Kreuzberg erfüllte. Bei der Abschlussandacht vor dem Berliner Abgeordnetenhaus beteten Pater Dietrich von Stockhausen und Pater Paulus-Maria Tautz CFR noch die Weltweihe von Johannes Paul II. aus dem Jahre 1984, mit der alles begann.

„Allmächtiger Gott, beende die Kriege und verwandle die Herzen aller, die Gewalt unterstützen und fördern“, betete Pater Joseph Peruvelil, VC von St. Clemens, abschließend, „Lass durch die Fürsprache unserer seligen Mutter Maria von Fatima in allen Menschen den Willen zur Versöhnung und zum Frieden wachsen.“

Mit der Anrufung des Erzengels Michael, der seit tausend Jahren Schutzpatron der Deutschen ist, und einem kraftvollen „Te Deum – Großer Gott, wir loben Dich“ endete dieser segensreiche Tag in Berlin. Initiator Hesemann kündigte noch an, dass „Deutschland dankt Maria“ auch 2025 stattfinden wird und stellte die Prozession unter den Schutz nicht nur des hl. Johannes Pauls II., sondern auch des sel. Carlo Acutis, Patron der Jugend, der Neuevangelisierung und des Internets, dessen liturgischer Gedenktag der 12. Oktober ist.

Anschließend zog er doch noch mit den Pilgern aus Heroldsbach zum Brandenburger Tor. So vollzog zumindest die „Rosenkönigin“ aus dem „deutschen Fatima“ diesen symbolischen Akt und passierte die ehemalige Zonengrenze, um alle Mauern zu überwinden und das vor 35 Jahren wiedervereinigte Deutschland zu segnen.

Info: www.deutschlanddanktmaria.org

Foto (c) Michael Hesemann


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