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Der nächste Papst - Leseprobe 5

29. August 2020 in Buchtipp, 1 Lesermeinung
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Leseprobe 5 des Papst-Biografs George Weigel, der in seinem neuen Buch das Idealbild eines Papstes entwirft


Linz (kath.net)

Der nächste Papst wäre gut beraten, einen leitenden Mitarbeiter zu suchen, der ihm helfen kann, den Reformbedarf in der römischen Kurie zu ermitteln – einschließlich der Entlassung inkompetenter oder korrupter Beamter – und die Arbeit der Kurie anschließend so zu koordinieren, dass sie zu einem effektiven Instrument im Dienst des Petrusamts wird.

Im Sinne dieser Effizienz wird es erforderlich sein, ein Klima der Zusammenarbeit zu fördern, anstelle des Gefühls der Angst, das die Kurie in der Vergangenheit zuweilen beherrscht hat, und anstelle des Nepotismus und des ehrgeizigen Gerangels um Bevorzugung, von dem manche Aspekte des Kurienlebens allzu oft gekennzeichnet sind.

Die eine oder andere Strukturreform mag durchaus geeignet sein, Tendenzen abzuschwächen, bei denen nicht alle am selben Strang ziehen, wie es unter den Menschen in jeder Bürokratie vorkommt. Dies ist jedoch besonders kontraproduktiv in einer Organisation, deren Zweck darin besteht, den Nachfolger Petri bei seiner Arbeit der Förderung der Neuevangelisierung zu unterstützen. Entscheidend für die effektive Funktion der römischen Kurie ist jedoch - das darf hier nochmals wiederholt werden – der Charakter derer, die ernannt werden, um dort zu arbeiten. Der nächste Papst kann nicht der Personalchef der Kurie sein. Er muss jedoch einen leitenden Mitarbeiter finden, der diese wesentliche Arbeit für ihn und mit ihm erledigen kann.


Man kann nicht oft genug darauf hinweisen, dass die finanzielle Integrität der Führung des Zentrums der Kirche im 21. Jahrhundert eine wesentliche Voraussetzung für die kirchliche Verkündigung des Evangeliums ist. Glaubwürdige Berichte über dubiose vatikanische Finanztransaktionen auf den internationalen Märkten sowie eine undurchsichtige (oder gar nicht existente) vatikanische Finanzplanung und ein Abrechnungsverfahren haben der Evangelisierung im 21. Jahrhundert großen Schaden zugefügt. Es ist absurd und skandalös, dass der Heilige Stuhl über gewaltige Mengen an „Schwarzgeld“ verfügt, die ohne angemessene Prüfung und, wenn überhaupt, nur mit einer sehr unzulänglichen Rechnungslegung investiert werden.

Der nächste Papst muss dieser groben Misswirtschaft ohne Rücksicht auf eventuelle Rufschädigungen oder kurzfristige finanzielle Rückschläge ein Ende bereiten. Was der heilige Paulus vor zwei Jahrtausenden an die Korinther geschrieben hat, gilt auch für die römische Kurie unserer Tage: „So soll man uns betrachten: als Diener Christi und als Verwalter von Geheimnissen Gottes. Von Verwaltern aber verlangt man, dass sie sich als treu erweisen“ (1 Kor 4,1–2). Obwohl in der Zentralverwaltung der Kirche viele gute und treue Männer und Frauen tätig sind, hat das Vertrauen in die finanzielle Integrität der römischen Kurie in den vergangenen Jahrzehnten großen Schaden genommen. Diesen Schaden zu beheben, dieses Vertrauen wiederherzustellen und die drastischen Maßnahmen zu ergreifen, die nötig sind, um den Heiligen Stuhl vor einer ausgewachsenen Finanzkrise zu bewahren, muss zu den Prioritäten des nächsten Papstes gehören.

Die Finanzreform des Vatikans ist schon für sich genommen wichtig. Sie ist aber auch wichtig für die Verkündigung des Evangeliums. Wer diesen Zusammenhang nicht erkennt, sollte mit den Finanzen des Heiligen Stuhls nichts zu tun haben.

Um das Vertrauen in die finanzielle Integrität des Vatikans wiederherzustellen, wird es erforderlich sein, dass der nächste Papst die Befugnisse kompetenter Laien und Laiinnen in der Finanzverwaltung des Heiligen Stuhls ausweiten muss. Kompetenz im Bereich der Finanzen gehört nicht unbedingt zu den mit dem Weihesakrament verliehenen Gnaden. Und leider ist die Priesterweihe auch keine Garantie für ehrenhaftes finanzielles Gebaren. In den letzten Jahrzehnten sind viele Fortschritte bei der Finanzreform des Vatikans durch Laien erzielt worden. Der nächste Papst sollte sich das zu Herzen nehmen.

Im Zuge der Kurienreform wird es auch erforderlich sein, personelle und finanzielle Ressourcen umzuschichten und dort einzusetzen, wo sie am dringendsten benötigt werden. Um nur ein Beispiel zu nennen: Als Reaktion auf die Verbrechen, Sünden und Skandale des sexuellen Missbrauchs durch Priester sind der Kongregation für die Glaubenslehre neue Aufgabenbereiche, aber nicht genügend Ressourcen zugewiesen worden, um dieser Verantwortung gerecht zu werden. So kam es, dass die Kongregation von Missbrauchsfällen und anderen Fällen priesterlichen Fehlverhaltens überschwemmt wurde; die Ermittlungen und Beurteilungen dieser Fälle gehen nur langsam voran; und es verstärkt sich, so unfair dies auch ist, der Eindruck, dass die Kirche weiterhin die Fälle des sexuellen Missbrauchs durch Priester verzögert.

kath.net Buchtipp
Der nächste Papst - Das Amt des Petrus und eine missionarische Kirche
Von George Weigel
Media Maria 2020
160 Seiten
ISBN: 9783947931248
Preis: 17,50 Euro


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Lesermeinungen

 Adamo 29. August 2020 
 

Hierzu passt ausgezeichnet der Bericht von Chefredakteur Oliver Maksan

in "Die Tagespost" vom 27.8.2020:

"Es braucht Hausputz im Vatikan"

Besten Dank für diesen hervorragenden Bericht lieber Oliver Maksan!


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